Recht­li­che Situation

Zwangs­ver­hei­ra­tung ist eine STRAFTAT, eine Men­schen­rechts­ver­let­zung, eine Gewalt­tat und eine Form des Kin­des­miss­brauchs, wenn die/der Betrof­fe­ne min­der­jäh­rig ist. Sie ver­stößt gegen inter­na­tio­na­les, euro­päi­sches und deut­sches Recht.

Inter­na­tio­na­les Recht

All­ge­mei­ne Erklä­rung der Men­schen­rech­te der Ver­ein­ten Natio­nen von 1948

  • Arti­kel 1
    Alle Men­schen sind frei und gleich an Wür­de und Rechten
  • Arti­kel 16 (2)
    Die Ehe darf nur auf Grund der frei­en und vol­len Wil­lens­er­klä­rung der zukünf­ti­gen Ehe­gat­ten geschlos­sen werden.

Die Kon­ven­ti­on zur Besei­ti­gung jeder Form von Dis­kri­mi­nie­rung der Frau­en (CEDAW) von 1979

  • Arti­kel 16 Absatz 1
    Die Ver­trags­staa­ten tref­fen alle geeig­ne­ten Maß­nah­men zur Besei­ti­gung der Dis­kri­mi­nie­rung der Frau in Ehe- und Fami­li­en­fra­gen und gewähr­leis­ten auf der Grund­la­ge der Gleich­be­rech­ti­gung von Mann und Frau ins­be­son­de­re fol­gen­de Rechte:
    a) glei­ches Recht auf Eheschließung
    b) glei­ches Recht auf freie Wahl des Ehe­gat­ten sowie auf Ehe­schlie­ßung nur mit frei­er und vol­ler Zustimmung
    c) glei­che Rech­te und Pflich­ten in der Ehe und bei deren Auflösung
  • Arti­kel 16 Abs. 2
    besagt, dass die Ver­lo­bung und Ehe­schlie­ßung eines Kin­des kei­ne Rechts­wirk­sam­keit haben

Euro­päi­sches Recht

Über­ein­kom­men des Euro­pa­ra­tes zur Ver­hü­tung und Bekämp­fung von Gewalt gegen Frau­en und häus­li­cher Gewalt (Istan­bul­kon­ven­ti­on) von 2014

Der völ­ker­recht­li­che Ver­trag schafft ver­bind­li­che Rechts­nor­men gegen Gewalt an Frau­en und häus­li­che Gewalt. Er wur­de in Deutsch­land am 01.06.2017 ratifiziert.

  • Arti­kel 32
    Er ver­pflich­tet die Ver­trags­staa­ten, die Anfecht­bar­keit, Nich­tig­erklä­rung oder Auf­lö­sung einer unter Zwang geschlos­se­nen Ehe zu ermöglichen.
  • Arti­kel 37
    Er ver­pflich­tet, vor­sätz­li­ches Ver­hal­ten, durch das eine erwach­se­ne Per­son oder Kind zur Ehe­schlie­ßung gezwun­gen oder zum Zweck einer erzwun­ge­nen Ehe­schlie­ßung ins Aus­land gelockt wird, unter Stra­fe zu stellen.
  • Arti­kel 41
    Eben­so ist die Anstif­tung und der Ver­such zu Hand­lun­gen nach Arti­kel 37 unter Stra­fe zu stellen.

Deut­sches Recht

Grund­ge­setz

Arti­kel 1 Abs. 1
Die Wür­de des Men­schen ist unan­tast­bar. Sie zu ach­ten und zu schüt­zen ist Ver­pflich­tung aller staat­li­chen Gewalt.

Arti­kel 3

  • Abs. 1
    Alle Men­schen sind vor dem Gesetz gleich.
  • Abs. 2
    Män­ner und Frau­en sind gleich­be­rech­tigt. Der Staat för­dert die tat­säch­li­che Durch­set­zung der Gleich­be­rech­ti­gung von Frau­en und Män­nern und wirkt auf die Besei­ti­gung bestehen­der Nach­tei­le hin.
  • Abs. 3
    Nie­mand darf wegen sei­nes Geschlech­tes, sei­ner Abstam­mung, sei­ner Ras­se, sei­ner Spra­che, sei­ner Hei­mat und Her­kunft, sei­nes Glau­bens, sei­ner reli­giö­sen und poli­ti­schen Anschau­un­gen benach­tei­ligt oder bevor­zugt wer­den. Nie­mand darf wegen einer Behin­de­rung benach­tei­ligt werden.

Straf­recht

  • 237 Abs .1 S. 1. StGB
    Zwangs­ver­hei­ra­tung stellt einen Straf­tat­be­stand dar. Jemand, der einen Men­schen rechts­wid­rig mit Gewalt oder durch Dro­hung mit einem emp­find­li­chen Übel zur Ein­ge­hung einer Ehe nötigt, wird mit Frei­heits­stra­fe von 6 Mona­ten bis 5 Jah­ren bestraft.
  • 237 Abs. 2, 3 StGB
    die glei­che Stra­fe kann für Ver­schlep­pung zur Zwangs­hei­rat und Abhal­ten von der Rück­kehr aus dem Aus­land ver­hängt wer­den. Auch der Ver­such ist strafbar.
  • 212 und § 211 StGB
    Ehren­mord ist ein Tötungs­de­likt und wird je nach den beson­de­ren Umstän­den des Ein­zel­falls als Tot­schlag (§ 212 StGB) oder als Mord (§ 211 StGB) bestraft.
  • 30 Abs. 2 StGB
    Die Ver­ab­re­dung zu einem Ver­bre­chen wie Ehren­mord kann bereits straf­bar sein.
  • 138 StGB)
    Straf­bar machen sich Per­so­nen, die von einem sol­chen Tötungs­de­likt wis­sen und es nicht recht­zei­tig zur Anzei­ge brin­gen, um es zu verhindern.

Zivil­recht

Bür­ger­li­ches Gesetzbuch

  • 1314 Abs. 2 BGB Nr. 4
    Eine Ehe­auf­he­bung kann bean­tragt wer­den, wenn ein Ehe­gat­te zur Ein­ge­hung der Ehe wider­recht­lich durch Dro­hung gedrängt wur­de. Ein Antrag muss bin­nen 3 Jah­ren mit Hil­fe eines/r Rechtsanwaltes/einer Rechts­an­wäl­tin gestellt werden.

Auf­ent­halts­ge­setz

  • 51 Abs. 4 S. 2 AufenthG
    Die Auf­ent­halts- und Nie­der­las­sungs­er­laub­nis erlischt mit ver­las­sen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land nicht mehr nach 6 Mona­ten. Sofern das Mädchen/die Frau rechts­wid­rig mit Gewalt oder Dro­hung mit einem emp­find­li­chen Übel zur Ein­ge­hung der Ehe genö­tigt und von der Rück­kehr nach Deutsch­land abge­hal­ten wur­de, kann sie inner­halb von zehn Jah­ren wie­der nach Deutsch­land ein­rei­sen, sofern sie den Beweis erbringt kann, dass sie zwangs­ver­hei­ra­tet wurde.
  • 37 Abs. 2a AufenthG
    Ist die Auf­ent­halts­er­laub­nis abge­lau­fen kön­nen Mäd­chen und Frau­en ein Recht auf Wie­der­kehr gel­tend machen, wenn sich der/die Ausländer/in auf­grund sei­ner /ihrer bis­he­ri­gen Aus­bil­dung und Lebens­ver­hält­nis­se in die Lebens­ver­hält­nis­se der BRD ein­fü­gen kann. Vor­aus­set­zung ist, dass das Visum zur Rück­kehr bzw. die Auf­ent­halts­er­laub­nis inner­halb von 3 Mona­ten nach Weg­fall der Zwangs­la­ge, spä­tes­tens jedoch vor Ablauf von 10 Jah­ren seit der Aus­rei­se bean­tragt wird.

Recht­li­che Rege­lun­gen für Aus­län­de­rin­nen, Asyl­be­wer­be­rin­nen und gedul­de­te Frauen

Die ein­schlä­gi­gen Rege­lun­gen sind in dem Leit­fa­den des Netz­wer­kes gegen Gewalt zum Schutz von jun­gen Men­schen, die von so genann­ten Ehr­ver­bre­chen betrof­fen sind detail­liert auf­ge­führt. (S. 39 – 48.)

netzwerk-gegen-gewalt.hessen.de

Gesetz zur Bekämp­fung von Kinderehen

Der Deut­sche Bun­des­tag hat am 1. Juni ein Gesetz zur Bekämp­fung von Kin­der­ehen beschlos­sen. Die­ses dient dem Schutz der betrof­fe­nen Min­der­jäh­ri­gen und soll Rechts­klar­heit schaf­fen. Dazu sieht das Gesetz Ände­run­gen im Ehe­schlie­ßungs- und Ehe­auf­he­bungs­recht, des Asyl- und Auf­ent­halts­rechts sowie des Kin­der- und Jugend­hil­fe­rechts vor.

Im Ein­zel­nen sieht der Ent­wurf fol­gen­de Ände­run­gen vor:

  • Im deut­schen Ehe­schlie­ßungs­recht soll das Ehe­mün­dig­keits­al­ter von 16 Jah­ren auf 18 Jah­re her­auf­ge­setzt werden.
  • Eine Ehe ist durch rich­ter­li­che Ent­schei­dung auf­zu­he­ben, wenn ein Ehe­gat­te im Zeit­punkt der Ehe­schlie­ßung das 16. aber noch nicht das 18. Lebens­jahr voll­endet hatte.
    Von einer Auf­he­bung kann nur in beson­de­ren Här­te­fäl­len sowie dann abge­se­hen wer­den, wenn der min­der­jäh­ri­ge Ehe­gat­te zwi­schen­zeit­lich voll­jäh­rig gewor­den ist und die Ehe bestätigt.
  • Ehen, bei denen einer der Ehe­gat­ten im Zeit­punkt der Ehe­schlie­ßung das 16. Lebens­jahr noch nicht voll­endet hat­te, sol­len unwirk­sam sein. Eines gericht­li­chen Auf­he­bungs­ver­fah­rens bedarf es für die­se Ehen nicht.
  • Die­se Grund­sät­ze gel­ten auch für nach aus­län­di­schem Recht wirk­sam geschlos­se­ne Minderjährigenehen.
  • Mit dem Gesetz­ent­wurf wird klar­ge­stellt, dass das Jugend­amt min­der­jäh­ri­ge unbe­glei­te­te Flücht­lin­ge in Obhut neh­men muss, auch wenn die­se ver­hei­ra­tet sind. Damit wird die Rechts­la­ge klar­ge­stellt und eine ver­brei­te­te Pra­xis der Jugend­äm­ter bestätigt.
    Das Jugend­amt prüft nach der Inob­hut­nah­me, wel­che Schutz­maß­nah­men erfor­der­lich sind, ins­be­son­de­re ob der Min­der­jäh­ri­ge von sei­nem Ehe­gat­ten zu tren­nen ist.
  • Durch eine Ände­rung des Asyl- und des Auf­ent­halts­ge­set­zes wirkt der Gesetz­ent­wurf zudem gleich­zei­tig den asyl- und auf­ent­halts­recht­li­chen Nach­tei­len ent­ge­gen, die für den Min­der­jäh­ri­gen durch die Unwirk­sam­keit der Ehe oder deren Auf­he­bung ande­ren­falls ent­ste­hen könnten.
  • Der Gesetz­ent­wurf ent­hält über­dies ein buß­geld­be­wehr­tes Trau­ungs­ver­bot für Min­der­jäh­ri­ge. Damit soll ver­hin­dert wer­den, dass Kin­der trotz des Ver­bots eine staat­li­che Ehe zu schlie­ßen, im Wege ver­trag­li­cher, tra­di­tio­nel­ler oder reli­giö­ser Hand­lun­gen zur Ein­ge­hung einer Bin­dung ver­an­lasst wer­den, die für sie in sozia­ler oder psy­cho­lo­gi­scher Hin­sicht einer Ehe ver­gleich­bar ist.
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