Ehr­be­griff

Der Ehr­be­griff in patri­ar­cha­lisch struk­tu­rier­ten Gesellschaften

Der Ehren­ko­dex unter­schei­det sich erheb­lich von dem Ehr­be­griff west­li­cher Gesell­schaf­ten. Er setzt sich aus den 3 zen­tra­len Wer­ten Respekt, Ehre und Anse­hen zusammen.

Respekt:
Respekt regelt die Bezie­hun­gen zwi­schen Familienmitgliedern/Mitgliedern einer Gesell­schaft. Es gibt kla­re Hier­ar­chien zwi­schen den Mitgliedern.

Ehre:
Die Ehre wird ver­letzt durch ein Über­schrei­ten der Gren­zen inner­halb der Fami­lie. Ein Ver­lust an Ehre bedeu­tet ein Ver­lust an sozia­lem Sta­tus. Ver­tei­digt der Mann die Fami­li­en­eh­re nicht, ist er ein Ehr­lo­ser. Ehr­lo­se Men­schen sind ohne jeg­li­chen Respekt in der Gemein­de. Die Ehre der Frau ist iden­tisch mit ihrer Keusch­heit. Ehre des Man­nes drückt sich in sei­nen Tugen­den aus: Ver­läss­lich­keit, kein frem­des Eigen­tum an sich zu neh­men und sei­ne Fami­lie zu schüt­zen. Es herrscht ein hoher mora­li­scher Druck. Die Frau kann Ehre nur erhal­ten, nie mehr zurück gewinnen

Anse­hen:
Anse­hen wird erwor­ben und kann wach­sen. Grund­vor­aus­set­zung ist ein anstän­di­ges und regel­kon­for­mes Ver­hal­ten. Die Ver­let­zung der sozio­kul­tu­rel­len Nor­men und Wer­te bedeu­tet immer einen Anse­hens­ver­lust. Groß­zü­gig­keit , Wis­sen und Bil­dung meh­ren das Anse­hen, sie füh­ren zu Reich­tum, Macht und Einfluss.

Ehr­be­griff:
Respekt, Ehre und Anse­hen sind eng mit­ein­an­der ver­bun­den. Sie kön­nen nicht ein­zeln betrach­tet wer­den. Kommt es zu Kon­flik­ten, droht ein Gesichts­ver­lust, der mit einer Ehr­ver­let­zung ein­her­geht. Daher wird ein Gesichts­ver­lust nicht riskiert.

Schuld- ver­sus Schamgesellschaft

Frau Prof. Schirr­ma­cher spricht von einer west­li­chen Schuld­ge­sell­schaft, die auf eine ori­en­ta­lisch gepräg­te Scham­ge­sell­schaft trifft. Sie meint damit, dass in der west­li­chen Gesell­schaft das Schuld­prin­zip gilt, gekenn­zeich­net durch die indi­vi­du­el­le Schuld des­sen, der gegen Nor­men und Regeln ver­stößt, dafür die Ver­ant­wor­tung über­neh­men muss, Gele­gen­heit zur Wie­der­gut­ma­chung erhält oder bestraft wird. In ori­en­ta­li­schen Gesell­schaf­ten herrscht anstel­le der indi­vi­du­el­le Schuld die Scham der Fami­lie, des Clans vor. D.h. wenn einer aus der Fami­lie gegen Regeln und Nor­men ver­stößt wer­den alle Fami­li­en­mit­glie­der, oft auch alle Ver­wand­te beschämt und lei­den mit. Der oder die ein­zel­ne kann ihr Unrecht nicht mehr gut machen, son­dern die Familie/Verwandtschaft ist auf­ge­for­dert, das Unrecht zu besei­ti­gen, ent­we­der indem es die Mit­glie­der zur Ord­nung ruft – und dies geschieht in der Regel mit phy­si­scher und /oder psy­chi­scher Gewalt -  oder die­se eli­mi­niert. So las­tet auf jedem ein­zel­nen Fami­li­en­mit­glied ein unge­heu­er­li­cher Druck ja nicht die Ehre der Fami­lie zu belas­ten. Und wenn man weiß durch wel­che Klei­nig­kei­ten  die­se Fami­li­en­eh­re in Fra­ge gestellt wer­den kann - Klei­nig­kei­ten die für uns ganz selbst­ver­ständ­lich sind – dann erschließt sich einem eine Ahnung, was betrof­fe­ne Men­schen aus­hal­ten müs­sen, bevor sie Hil­fe im Außen suchen.

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